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Zweieiige Zwillinge

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Die jüngste Neuerwerbung im heimischen Fuhrpark glänzt ja nicht gerade mit gutem Erhaltungszustand. Und auch wenn das Projekt „Mazda 121 Ginza“ – selbst für meine Verhältnisse – auf lange Sicht angelegt ist, suche ich hin und wieder doch schon nach einem Teilespender oder einer guten Basis für einen Aus-2-mach-1-Wiederaufbau.

Und bereits kurz nach dem Kauf meines Mazda wurde ich auf eine eBay-Kleinanzeige aufmerksam, die tatsächlich einen zweiten, grünen Mazda 121 Ginza anpries. Der Wagen stand in der Nähe von Berlin zum Verkauf und machte von den Bildern her einen ganz ordentlichen Eindruck. Aber das machen sie ja alle, oder? 🙂

Da traf es sich ganz gut, dass ich gerade anlässlich der Heirat meines Bruders in den Osten der Republik reisen wollte und für den nachfolgenden Tag noch nichts geplant hatte. Am Telefon freute sich der Verkäufer, dass ich des Deutschen mächtig sei und nicht gleich nach dem berühmten letzen Preis oder der Schmerzgrenze fragte. Die wiederum offenbarte er mir gleich anschließend freimütig: Der ursprüngliche aufgerufene Preis von knapp 1 000 Euro sei wegen akuter technischer Probleme auf 500 reduziert. Ich könne den Wagen und einen Karton voll Ersatzteile aber auch für 250 Euro mitnehmen. Wegen des rapiden Preisverfalls war ich skeptisch, was mich genau erwarten würde als ich am nächsten Tag zum vereinbarten Begutachtungstermin fuhr. Leider konnte Adrian mich krankheitsbedingt nicht begleiten. Als frisch vermählter Ehemann hatte er aber auch eine gute Entschuldigung.

Im Berliner Speckgürtel angekommen konnte ich das Ei der Begierde näher begutachten. Der Verkäufer hatte schon am Telefon berichtet, dass die Benzinleitung neuerdings undicht sei und die Werkstatt bei der Reparatur eine Durchrostung im hinteren Bereich des Autos entdeckt habe.

Leaking Fuel Lines

Im Bereich der hinteren Halterung rosten die Benzinleitungen gern durch.

Die Benzinleitung beim Mazda 121 ist eine Sollbruchstelle. Auch die beiden von Adrian und mir nach Afrika verfrachteten Rallye-Eier verloren beim ersten Kontakt mit der Sahara ihre Kontinenz. Das Leck entsteht an der Halteklammer vor dem Hinterrad mit der die Benzin- und Bremsleitungen am Unterboden befestigt sind. Unter der Klammer sammelt sich Dreck und Feuchtigkeit, was optimale Bedingungen für Korrosion an den Stahlleitungen bildet.

Das bereits im oberen Bild sichtbare Loch im Schweller muss wohl entstanden sein als der Wagen dort angehoben werden sollte und die Karosserie an dieser Stelle nachgab.

Rocker Panel Damage

Das Ende des Schwellers ist schön knusprig.

Auch das Heck zeigte sich nicht ganz original. Die Spaltmaße der rechten Seite ließen keinen Zweifel an einem früheren Unfall, was der Verkäufer auch direkt bestätigte.

Gap From Accident

Auch bei geschlossener Kofferraumklappe passen die Spaltmaße hinten rechts nicht.

Eine Sichtkontrolle des Kofferraums auf dieser Seite zeigte aber keine Verformungen des hinter der Stoßstange liegenden Blechs.

Trunk: Right Side

Im Kofferraum sind keine Auswirkungen des Unfalls zu sehen.

Am vorderen Ende des Autos wies die Motorhaube auf ganzer Fläche kleine Beulen auf. Seine Tochter habe wohl häufiger unter einem Kastanienbaum geparkt, so der Verkäufer. Immerhin war die Windschutzscheibe in gutem Zustand.

Hood

Die kleinen Dellen in der Motorhaube sind auf dem Bild schlecht zu erkennen, aber reichlich vorhanden.

Der Innenraum mit den lederbezogenen Sitzen zeigte sich recht verwohnt. Sogar die hinteren Sitzbänke hatten bereits gut darunter gelitten, dass der Besitzer hier öfters seine zwei Hunde transportiert hatte.

Mazda 121 Ginza Interior

Die Sitze sind durchgesessen und mäßig verdreckt. Das giftgrüne Lenkrad wurde mal nachgerüstet.

In gutem Zustand präsentierte sich das Faltdach des Mazda dessen Gummihaut an den Knickstellen sonst gerne schon mal einreisst. In der Folge dringt Wasser in das Dach ein und das Metallgestänge beginnt zu rosten. Dass dies bei diesem Ei nicht der Fall ist, liegt daran, dass der Besitzer das Dach erst vor wenigen Jahren gegen ein Neuteil tauschen ließ.

Wir starteten trotz tropfender Benzinleitung zu einer kurzen Probefahrt bei der als Erstes das linke, vordere Radlager knackend auf sich aufmerksam machte. Davon abgesehen schien das Auto in gutem Zustand. Das Getriebe soll laut Verkäufer mal überholt worden sein; zum Umfang der Arbeiten konnte er jedoch keine Aussagen treffen. Vermutlich wurde die etwas anfällige Kupplung des Mazda 121 mal getauscht, denn Druckpunkt und Kraftschluss waren durchaus zufriedenstellend.

Bei der Probefahrt fiel mir noch auf, dass weder elektrische Fensterheber noch Sitzheizungen verbaut waren. Beide Ausstattungsmerkmale gab es jedoch serienmäßig an Bord der „Ginza“-Sondermodelle, weshalb ich mir nicht sicher bin, ob es sich wirklich um ein Ginza-Sondermodell oder nicht eher ein umgebautes GLX-Standardmodell handelt.

Gegen Ende der Probefahrt begutachtete ich noch die leckgeschlagene Benzinleitung aus der bei laufendem Motor eine gehörige Menge Sprit herauspieselte. Auch aus dem Rücklauf sprühte es munter auf den Asphalt. Vor einer Überführungsfahrt wäre hier akuter Handlungsbedarf!

Das Für und Wider des Wagens im Kopf abwägend fuhr ich nach der Besichtigung zurück nach Magdeburg. Nach Rücksprache und Begutachtung der Bilder durch Adrian fiel am Abend die Entscheidung, den Teileträger zu kaufen. „Für 250 Euro kann man schließlich nicht viel falsch machen„, so unser Fazit. Zu dieser Erkenntnis war auch ein Nachbar des Verkäufers gelangt, denn als ich am nächsten Tag mit ihm telefonierte, war der Mazda gerade abgeholt worden…

Autor: Tobias

Hallo, ich bin Tobias. Meine Leidenschaft gilt alten Autos. Je ausgefallener desto besser. Im Alltag schwöre ich auf meinen treuen '88 Volvo 745 und im Laufe der Zeit sammelten sich daneben in der Garage noch ein '79 AMC Pacer, ein '70 Chrysler 300 Hurst, ein '90 Toyota Sera und ein '94 Mazda 121 Ginza. Wenn ich gerade nicht an den Autos herumschraube, lasse ich den Nerd raushängen und schreibe hier irgendwas zu Online- und IT-Themen, Filmen oder Musik. Ihr findet mich auch .

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